Gurina – Das kulturelle Zentrum Noricums und die Hauptstadt der Ambilini
Von den norischen Stämmen lassen sich die Ambilini aufgrund sprachgeschichtlicher Untersuchungen dem Gailtal zuordnen, wobei Linus die antike Bezeichnung für die Gail ist und ambi für beiderseits steht; Ambilini bedeutet folglich nichts anderes als Bewohner beidseits der Gail oder wie wir heute sagen würden: Gailtaler.
Interessanterweise werden die Ambilini in allen Huldigungsinschriften am Magdalensberg stets an zweiter Stelle unmittelbar nach den Norici genannt. Zudem sind die Namen der Norici und Ambilini stets größer geschrieben, als die der übrigen Stämme. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Ambilini neben den Norici eine sehr wichtige Position im norischen Stammesbund hauen. Der antike Kartograph Claudius Ptolemäus lokalisiert im Gebiet des oberen Drau- und Gailtales eine Stadt mit dem keltischen Namen Idunum, die am ehesten mit der Gurina gleichgesetzt werden kann, da weitere große keltische Siedlungen in diesem Gebiet bislang nicht bekannt sind.
Auch die Grabungen auf der Gurina haben wenig Informatives zu den Kelten in den Ostalpen beizutragen. Dies liegt aber weniger am Forschungsstand, sondern an der Tatsache, dass durch die intensive römische Bebauung fast alle keltischen Spuren vernichtet worden sind. Mit einiger Sicherheit können wir davon ausgehen, dass die Gurina durch einen Befestigungsring geschützt war. Die Mauer ließ sich über mehrere Meter an drei getrennten Stellen an der Nordseite der Gurina untersuchen. Wie in Stadtgörz besteht sie aus zwei trocken gemauerten Schalen mit bis zu 0,60 m großen Steinblöcken, die in einem Abstand von ca. 2 m parallel verlaufen. In Abständen von 3 bis 4 m sind zumindest an der Innenseite senkrechte, 0,30 m starke Pfosten in die Mauern eingelassen, die dieser zusätzlichen Halt verleihen. Das Innere der zwei Schalen ist mit Lehmschotter und Bruchsteinen verfüllt. Es handelt sich bei diesem Befestigungstyp um eine so genannte Pfostenschlitzmauer, die vor allem im keltischen Bayern, im nördlichen Österreich und in der Tschechei Verwendung fand. Aufgrund der Geländestruktur der Gurina kann davon ausgegangen werden, dass Keltiscbe die Befestigungsmauer ein Areal von
ca. 4 ha umfasste. Zu welchem Zeitpunkt und folglich aufgrund welcher drohenden Gefahr die Mauer gebaut wurde, war wegen der spärlichen Funde in deren Bereich nicht zu ermitteln.
Es ist jedoch auffällig, dass sich die Errichtungen von latènezeitlichen Befestigungsmauern im rätischen und bayrischen Gebiet auf die Zeit um 110 v. Chr. Konzentrieren, was mit dem Zug der Kimbern und Teutonen durch diese Gebiete im Zusammenhang stehen dürfte. Dies könnte auch für die Guri
na zutreffen, zumal diese germanischen Stämme ja auch in norisches Gebiet eingedrungen sind.
Von der zivilen Bebauung der Gurina, den einzelnen Häusern, Tempeln, Brunnen etc. haben sich, wie bereits angesprochen, aufgrund der intensiven römischen Überbauung, kaum Spuren erhalten. Auf ein Gebäude, das in der ersten römischen Zeit von den Besatzern requiriert wurde, wird
später eingegangen
Aus „Die Gurina – nahe Dellach im Gailtal“ von Peter Gamper